Das Vier-Seiten-Modell und die Appellseite der Nachricht

Passiert es dir auch, dass du den Eindruck hast, du hast jemanden nett und freundlich um etwas gebeten und trotzdem kam keine Reaktion? Das kann verschiedene Gründe haben.

Nachdem ich im letzten Blogartikel auf das Vier-Seiten-Modell von Schulz von Thun und die Besonderheiten der Sachseite der Nachricht eingegangen bin, widme ich mich heute der Appellseite (findest du in der Linkliste). Welche Aspekte spielen auf der Appellseite eine Rolle?

Vier-Seiten-Modell: Warum funktionieren manche Appelle nicht?

Hier verknüpfe ich die Erläuterungen von Schulz von Thun zum Vier-Seiten-Modell mit meinen eigenen Erfahrungen.

Zum einen kann es an der Formulierung liegen, Appelle nicht ankommen oder nicht umgesetzt werden.

Auf diese Besonderheiten bin ich bereits im Artikel Bitten erfolgreich formulieren eingegangen und fasse mich deswegen hier kurz.

In diesem Blogartikel möchte ich zusätzlich Hinweise geben, was noch dazu führen kann, dass wir Probleme auf der Appellseite haben.

1. Abneigung des Senders gegen Appelle

Der Sender möchte beispielsweise nicht autoritär wirken. Dadurch formuliert er seine Appelle indirekt und unklar statt: „Bitte mach das“, hört man ein „Vielleicht besteht eventuell die Möglichkeit, dass…“

Direkt „Hast du heute Zeit, mich bei meinem Auftrag zu unterstützen?“ zu fragen, bekommt vielleicht ein Nein als Antwort.

„Ich muss heute noch meinen Auftrag fertig bekommen. Was musst du heute noch alles schaffen?“ könnte das gleiche bedeuten, muss es aber nicht.

Bekomme ich hierauf ein „Du ich habe heute keine Zeit, dir zu helfen“, kann ich mich gut aus der Affäre ziehen und sagen, so war es nicht gemeint. So bin ich nicht verantwortlich für das, was folgt. Außerdem kann ich auch leichter mit Zurückweisung umgehen, denn es ist weniger klar, was ich eigentlich wollte.

Das kann bei Menschen, die schon als Kind schlechte Erfahrungen und viele Zurückweisungen erleben mussten, auch zur Taktik werden, laut den Erklärungen des Vier-Seiten-Modells.

Bevor sie direkt fragen und ein direktes „Nein“ erhalten, fragen sie nicht, sondern agieren verdeckt. Je verletzlicher die Person und je mehr Angst sie vor Zurückweisung hat, desto öfter wird sie diese Technik verwenden.

Mit verdeckten Appellen umgehen

Wie kann ich nun als Empfänger mit verdeckten Appellen umgehen? Zuerst solltest du dir der Vorgänge bewusst werden.

Bist du diejenige, die sich nicht traut, direkt zu fragen, überlege, was dahinter steckt. Was bedeutet ein „Nein“ im schlimmsten Fall für dich?

Bist du der Empfänger von Unklarheiten, frage direkt nach.  „Hab ich dich richtig verstanden, dass du gern heute Hilfe bei dem Auftrag hättest?“ oder auch „Möchtest du, dass ich dir bei dem Auftrag helfe?“ oder ähnliches.

Fragen wie diese erleichtern die Kommunikation und vermindern Missverständnisse.

2. Der Empfänger fühlt sich im Entscheidungsspielraum eingeengt

Auch die Beziehung von Sender und Empfänger hat einen Einfluss darauf, ob die Apelle umgesetzt werden. So kann es sein, dass wir etwas nicht machen, worum wir gebeten werden, obwohl eigentlich nichts dagegen spricht und wir es auch sowieso machen wollten.

Bittet uns nun aber jemand darum, von dem wir das nicht gern hören  (Kollegen untereinander/Mutter und Tochter oder ähnliches), könnte es durchaus sein, dass wir uns dagegen wehren.

Das Vier-Seiten-Modell  erklärt auch, dass auch der Empfänger generell empfindlich sein könnte, was Appelle angeht, da er eh nur einen begrenzten Entscheidungsspielraum hat. Das ist leider noch oft in der Position von Mitarbeitenden zu finden.

Was kannst du nun dagegen tun?

Wenn du möchtest, dass der andere etwas tut, um das du ihn bittest, kannst du verschiedene Herangehensweisen nutzen. Entweder du willst, dass er macht, was du sagst und seine Meinung ist dir egal. Du stellst Forderungen.

Das kann funktionieren, hat aber meistens Nachwirkungen. An dieser Stelle höre ich oft in meinen Seminaren „Aber ich bin doch der Chef! Da ist es doch in Ordnung, wenn ich Forderungen stelle!“ Oder auch „Das steht ja aber auch in der Stellenbeschreibung!“.

Ja, doch schauen wir uns mal an, was dann passieren kann: Beim Mitarbeitenden kann zum Beispiel der Eindruck entstehen, dass er/sie keine Mitspracherechte hat und so kann sich eine innere Kündigung einschleichen.

Eine Alternative wäre, dass du möchtest, dass der andere etwas tut und auch dein Bedürfnis (den Sinn) dahinter sieht und damit einverstanden ist und es gern macht.

Wenn dein Gegenüber aus eigener Motivation Aufgaben übernimmt oder Dinge erledigt, ist es erfüllender für beide.

So kannst du auch als Führungskraft deine Mitarbeitenden als Menschen mit Bedürfnissen betrachten und sie gleichwertig behandeln. Dadurch geht es bei den Appellen nicht mehr um Forderungen, sondern um Bitten.

Das funktioniert jedoch nur, wenn du wirklich diese Einstellung mitbringst, dass es eine Bitte ist und keine Forderung. Es geht nicht um „sollen“ und „müssen“, sondern darum, dass der andere auch „Nein“ sagen kann und du in diesem Fall schaust, welches Bedürfnis sich durch deine Bitte bei ihm nicht erfüllt.

Wenn ich mit meinem „Mitarbeiter“ arbeite und nicht gegen ihn, sorgt das für ein vertrauensvolles Miteinander und hat Aussicht auf langfristigen Erfolg.

Fazit zur Appellebene des Vier-Seiten-Modells

Es hängt von verschiedenen Faktoren ab, ob beim anderen ankommt, was man möchte und ob das dann auch umgesetzt wird. Die Haltung beeinflusst unsere Sprache und auch die Beziehung untereinander. Gerade in der Führungsposition kann es eine Herausforderung sein, mit mehr Geduld und Verständnis die Gespräche zu führen.

Wichtig ist aber auch zu schauen, wo eine Forderung doch auch angebracht ist ;). Da musst du natürlich auch immer auf den Kontext schauen. Teile gern hier deine Erfahrungen.

Alles Liebe

deine Susanne

P.S.:

Du bist unzufrieden mit eurer Zusammenarbeit und du wünschst dir mehr Leichtigkeit im Umgang miteinander? Gern können wir ein kostenloses Vorgespräch führen und klären, wie ich dich dabei unterstützen kann.

Lust auf mehr?

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Kommunikationsstörungen

Grundannahmen der gewaltfreien Kommunikation

Bedürfnisse besser verstehen

Workshop Umgang mit Vorwürfen und Co

Schulz von Thun

Buch Superkräfte für Führungskräfte- gewaltfreie Kommunikation im Beruf (auch über dieses Modell hier)

Hier kannst du dir den Blogartikel auch anhören

Susanne Lorenz
Susanne Lorenz

Ich habe mich als Kommunikationstrainerin, Buchautorin und Business Coach auf Führungskräfte spezialisiert, nachdem ich im Anschluss an mein Germanistikstudium selbst mehrere Jahre als Managerin Erfahrungen gesammelt habe. Gewaltfreie Kommunikation ist meine Leidenschaft. Meine Vision ist, dass Menschen am Arbeitsplatz mehr miteinander statt übereinander reden und konstruktiv ansprechen, was sie stört.

Mit meinen Coachings und Trainings erhöhe ich die Transparenz und Wertschätzung in Unternehmen. Mein Blog www.wirksam-kommunizieren.de dreht sich um erfolgreiche Kommunikation im Berufsalltag.

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